
Vollkorn ist gesund. Aber “Vollkorn” heißt auch “Kohlenhydrate” und die wiederum finden viele Menschen nicht gesund. Wie passt das zusammen?
Kohlenhydrate sind ja so eine Sache. Manche schwören darauf, weil sie sonst „nicht satt werden“, andere verpönen sie und leben low-carb, keto oder sogar komplett kohlenhydrat-frei, wieder andere haben ihre Kohlenhydrat-Zufuhr zeitlich begrenzt und „essen ab 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr“. Ja was denn nun?
Wie so vieles im Bereich der Ernährung ist beim Thema Kohlenhydrate die Verwirrung groß und jeder „Experte“ möchte auf seinem Gebiet recht behalten. Natürlich wird man da skeptisch, denn Kohlenhydrate genießen seit geraumer Zeit einen schlechten Ruf als Dickmacher. Stimmt das?
Kohlenhydrate sind nicht alle gleich
Zu allererst sind Kohlenhydrate nicht gleich Kohlenhydrate. Sicher, im Körper werden alle Kohlenhydrate zu Zucker umgewandelt, aber man möchte doch meinen, dass man ein selbstgebackenes Vollkornbrot, Biokartoffeln, oder Dinkelnudeln nicht gleich setzt mit industriell gefertigten Zuckerbomben, oder? Also, bevor wir hier anfangen, Dinkelvollkornbrot mit Weißmehlbrötchen zu vergleichen, bzw. alle Kohlenhydrate in einen Topf zu werfen, lass uns lieber mal das große Ganze betrachten.
Im Königreich der Kohlenhydrate gibt es ein weites Spektrum. An einem Ende finden wir die einfachen Kohlenhydraten aus Süßigkeiten, zuckerhaltigen Getränken, industriell verarbeiteten Kohlenhydraten und auf der anderen Seite finden wir die komplexen Kohlenhydrate aus Vollkorngetreide, Obst, Gemüse und andere. Du ahnst wahrscheinlich, welche Seite ich Dir empfehlen würde, auf den Teller zu legen.
Es gibt nur sehr wenige Leute, die gegen Obst und Gemüse als gesunde Lieferanten von Kohlenhydraten argumentieren. Vollkorngetreide dagegen ist umstritten. Wusstest Du, dass Getreide, wie brauner Reis, Quinoa (eigentlich ein Gras, aber wir kochen und essen es wie Getreide), Vollkornpasta, Amaranth, Hirse (und viele mehr), voll sind mit essentiellen Nährstoffen? Zahllose Studien beweisen, dass regelmäßiger Verzehr dieser Getreidesorten unzählige gesundheitliche Vorteile bietet. Klar, wenn Du an Zöliakie leidest, oder sensibel auf Gluten reagierst, musst Du glutenhaltiges Getreide meiden, logisch. Aber es gibt so viele gesunde Kohlenhydrate, die Du stattdessen genießen kannst.
5 Gute Gründe für den Verzehr von Vollkorn
Heute möchte ich meinen guten alten Freund, das Vollkorngetreide verteidigen und Zweifel über ihn zerstreuen. Einige der Vorteile, die Du durch Verzehr von mehr Vollkorngetreide erwarten darfst, sind die folgenden…
1. Ein längeres Leben
Also wenn das mal kein Grund ist! Insgesamt 14 Langzeit-Studien haben es bewiesen, je mehr Vollkorn man verzehrt, desto länger ist die Lebenserwartung (Studie). Nicht, dass uns Vollkorn verjüngen würde, das nun auch wieder nicht, aber wie wäre es mit einem schützenden Effekt vor Herzkrankheiten, Diabetes Typ-2 und Krebs? Das konnte zweifelsohne bewiesen werden (Studie). Drei Portionen Vollkorn am Tag und Dein Risiko an Atemwegserkrankungen, Infektionskrankheiten oder Diabetes zu sterben sinkt dramatisch. Ja tatsächlich ist es so, dass, je mehr Vollkorn Du verzehrst, desto geringer Dein Risiko.
Bereits ein bis zwei Portionen täglich zeigen einen positiven Effekt. Drei oder mehr Portionen sind noch besser. Als Portionen bezeichnen die Forscher je eine Scheibe Vollkorn-Brot (30 g), eine Schüssel Müsli (30 g), 150 g gekochte Vollkornnudeln oder 190 g gegarten Vollkornreis. Bei einem Verzehr von rund 220 g Vollkornprodukten täglich, konnte das Krankheitsrisiko gesenkt werden.
2. Ein gesundes Gewicht (er)halten
Zusätzlich zu einem längeren Leben, haben es Menschen, die regelmäßig Vollkornprodukte konsumieren leichter, ein stabiles, gesundes Gewicht zu halten. In allen Studien, die den Zusammenhang zwischen Vollkorngetreide und langfristiger Gesundheit untersucht haben, leiden die Menschen, die regelmäßig Vollkorn verzehrten (3-5 Portionen täglich) nicht an der typische Gewichtszunahme im Erwachsenenalter (Studie). Dies könnte damit zusammenhängen, dass Vollkorn schneller und länger sättigt und somit die kleinen „süßen Sünden“ zwischendurch wegfallen.
3. Gewicht verlieren
Entgegen dem allgemeinen Tenor, dass Kohlenhydrate dick machen (ohnehin eine völlig pauschalisierte Behauptung), helfen gesunde Kohlenhydrate sogar dabei, schlank zu werden, denn sie fördern den Stoffwechsel. Menschen, die täglich Vollkorngetreide zu sich nehmen, verbrennen mehr Kalorien, da ihr Stoffwechsel gesteigert, die Verdauung angekurbelt, und der Stuhlgang beschleunigt wird (Studie). Und natürlich, wie eben schon erwähnt, der Sättigungseffekt ist hoch, so dass der böse Heißhunger auf Süßes sich nicht einstellt.
4. Risiko von Diabetes Typ 2 senken
Sicher, Vollkornprodukte enthalten reichlich Kohlenhydrate und als solche können sie den Blutzuckerspiegel nach oben treiben. Sie enthalten jedoch auch jede Menge Ballaststoffe, die wiederum starken Blutzuckerschwankungen entgegenwirken. Zudem ist das in Kohlenhydraten enthaltene Magnesium ein wichtiger Verbündeter bei der Produktion von Insulin und somit der Aufnahme von Glukose in die Zellen. Aus diesem Grund hat eine Langzeit-Studie mit mehr als 40.000 Teilnehmerinnen bestätigt, dass der Verzehr von Vollkornprodukten das Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken um 31 % sinkt. (Studie)
5. Verdauungsbeschwerden lindern
Nicht nur die wertvollen Ballaststoffe, die bekanntermaßen Verstopfung vorbeugen können, finden sich in Vollkornprodukten. Die Ballaststoffe binden sich auch an Giftstoffe und befördern sie mit dem Stuhl nach draußen. Darüber hinaus sorgen sie für eine gesunde Darmflora, denn sie sind präbiotisch und somit Nahrung für unsere wertvollen Darmbakterien. Darum wird, oftmals konträr zur Schulmedizin, der Verzehr von Vollkornprodukten bei Verdauungsbeschwerden, wie dem Reizdarmsyndrom, empfohlen.
Wieviel Vollkorn ist gesund?
Nach dem Lesen dieser Liste kannst Du Dich vielleicht langsam für Vollkornprodukte erwärmen. Dann lass uns jetzt darüber reden, wie viele Portionen Du brauchst, um in den Genuss all dieser Vorteile zu kommen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt rund 230 g pro Tag für Frauen und 300 g für Männer. Bei Ausdauersportlern darf es je nach Körpermasse und Aktivitätslevel eventuell etwas mehr sein. Ich glaube aber, das können wir noch besser machen. Was wäre, wenn alle Deine Getreideprodukte nur noch aus Vollkorn bestünden (und nicht mehr aus dem industriell verarbeiteten Zeug, das gesundem Getreide seinen schlechten Ruf verleiht)? Du wirst überrascht sein, wie einfach es ist.
Lass mich Dir ein Beispiel geben für einen gesunden Vollkorn-Tag:
Ein Frühstück mit 100 g Haferflocken (gibts auch glutenfrei), Chia- und Leinsamen
Zum Mittagessen zwei Scheiben Vollkornbrot mit Sonnen-, oder Kürbiskernen belegt mit Avocado oder pflanzlichem Aufstrich
Zum Abendessen 100 g Naturreis mit 100 g grünem Gemüse Deiner Wahl
Damit hast Du Dein Tagespensum bereits erreicht. Wenn Du jetzt noch die Vollkorn-Cracker mit Hummus als Snack mitzählst, hast Du für den Tag eine 1+ mit Sternchen.
Schnell und einfach die besten Vollkornvarianten wählen. Mit meinem tollen, kostenlosen Getreide-Checker.
Fühlst Du Dich jetzt etwas sicherer in der Wahl Deiner Vollkorn-Kohlenhydrate? Solange Du keine gesundheitlichen Beschwerden hast, die Dich von dem Genuss abhalten – hau rein! Beachte bitte meine Zubereitungshinweise aus meinem Getreide-Checker und natürlich gilt auch hier, wie mit allem im Leben – zu viel ist nie eine gute Idee.
Ich wünsche Dir wunderbare, komplexe Kohlenhydrate,
Deine Nicole